Donnerstag, 19. Februar 2015

Runter vom Abstellgleis

Eben habe ich es in einem Kommentar geschrieben, spontan - aus dem Bauch heraus. Den Gedanken möchte ich hier noch einmal aufnehmen, denn er beschreibt recht gut, wie mein Leben in den letzten Monaten/Jahren gelaufen ist.

Es ging mir nicht gut. Von meinem Mann hatte ich mich bereits vor einigen Jahren getrennt, damals blieb ich mit meiner Tochter allein. Wir zwei hatten ein gutes Leben, dann kam der Unfall. Ich geriet unverschuldet in einen Verkehrsunfall und lag lange Zeit im Krankenhaus. Mein Exmann hat sich in dieser Zeit um unsere Tochter gekümmert. Da musste ich mir keine Sorgen machen. Einige Operationen musste ich über mich ergehen lassen. Mein Bein war stark verletzt, Trümmerbrüche, Sehnenverletzungen und nicht heilen wollende Fleischwunden. Das war schlimm, aber ich habe gekämpft und ich hatte auch gute Ärzte. Von dem Trauma des Unfalls abgesehen, war meine Seele aber soweit gesund - bis ich dann erfuhr, dass die Versicherungen nicht zahlen wollten. Sie wollten mir eine Mitschuld nachweisen. Auf diesen Gedanken wäre ich nie gekommen, denn für mich war einwandfrei klar, dass der Unfallverursacher mir die Vorfahrt genommen hatten und ich gar nichts hätte machen können. So wurde das auch festgehalten damals. Ich ging davon aus, dass es eben ein langer Prozess ist, bis die Versicherungen mir dasa Geld überweisen würden. Das war nicht so!

Ich konnte das nicht verstehen. Wofür hatte ich die Versicherungen abgeschlossen, wenn sie nicht im Notfall greifen würden. Ich wurde immer stiller, in mich gekehrter. Mein Arzt verordnete mir Psychopharmaka, die haben eine Weile geholfen. Aber ich ging still durch eine dumpfe Welt, ohne Empfindungen. Ich konnte weder weinen, noch wütend werden und das ist ein Prozess, den ich zunächst nicht bemerkt habe. Ich zog mich immer mehr zurück. Ich fühlte mich wie auf einem Abstellgleis - alle gingen an mir vorbei, schauten mich mitleidig an, aber keiner sagte mir, dass kein Zug kommen würde ...

Als meine Tochter dann ihr Abitur bestanden hatte und zum Studieren weit weg zog, kippte ich völlig um. Ich war einige Wochen in einer Klinik und dort bekam ich den entscheidenden Impuls. 
Die andern würden sich nicht ändern, ich musste etwas verändern und ich wollte kämpfen, um meine Gesundheit und um mein Recht.

Ja, so war das. Ich werde nach und nach mehr davon erzählen. Jetzt schnappe ich mir die Hundeleine und dann geht es raus, mit Lotte.

2 Kommentare:

  1. Oh, liebe Annemie. Das klingt so schrecklich, dass mir die Worte fehlen. Und alles kocht bei mir wieder hoch. Meinem Partner ist das gleiche passiert - Unfall, unverschuldet, und die Versicherung zahlen nicht. Stell dir vor, eine Sachbearbeiterin fragte doch kühl: "Wozu braucht ein Musiker zwei Hände?" Ist das nicht menschenverachtend? Auch wir mussten unser Leben ganz von vorne beginnen, nur, weil ein Betrunkener ... Aber nein, ich will dich nicht noch mit meinem "Müll" zuschütten. Der deine ist bereits ein ganzer Müllberg und ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass du diesen Berg mit der Zeit wirst abtragen können.
    Liebe Grüße und ein "Mach weiter so!"
    Sally

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    1. Liebe Sally,
      du schüttest mich doch nicht zu. Was anders soll helfen, als der Austausch darüber und vielleicht können wir uns ja gegenseitig ein wenig stützen.
      Ein Musiker braucht beide Hände, das ist ja klar. Wie ignorant, blöd, gemein und unverschämt doch die Menschen sein können, wenn es darum geht, dass sie zahlen müssen. Ich habe einen dermaßen großen Groll auf Versicherungen, dass ich am liebsten überhaupt nichts mehr mit ihnen zu tun haben will. Keinen Cent habe ich bekommen (bisher). Es war gut, dass ich etwas zur Seite gelegt hatte in den Jahren davor, trotzdem kam ich nicht umhin, meine Lebensversicherung zu kündigen, die eigentlich als Altersvorsorge gedacht war. Nun denn ... muss ich mir etwas anderes überlegen.
      Ich wünsche dir und uns allen, dass wir irgendwann unser Recht bekommen!!!!
      Alles Gute dir und danke
      Annemie

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